Eröffnung des neuen Flughafens BER in Berlin-Schönefeld



Teil 1. Alles wird gut. „Die“ machen den Flughafen tatsächlich auf. Berlin hat nun einen neuen Flughafen, den BER. SXF, THF und TXL sind Geschichte. BBI auch.

Es ist der Dienstag, vor der Eröffnung. Kurz nach der Dämmerung. Unsere Annäherung erfolgt ebenerdig, zum großen Hauptterminal 1. Es sind kaum Menschen zu sehen, wegen Corona, oder weil der Airport eben noch nicht offen ist.
Nahe am Gebäude klappen plötzlich die Türen auf, nach außen!

Vom Vorplatz in das BER Terminal 1

Das kenne ich, durchzuckt es mein Gehirn. Hotel Berolina, Ostberlin 1964, die Eingangstüren gingen in diesem Interhotel erstmals automatisch auf. Die ganze DDR fuhr hin, das auszuprobieren. Und dann gab es das noch einmal. Die TAXI-Vorfahrt vorm Zentralflughafen Tempelhof. West-Berlin. Auch hier klappten die Türen, wie von Geisterhand, nach außen auf. Ja, klar, heute bei jedem Lidl

Und dann geht es los, hinein. Ein paar Meter. Irgendwoher, aus der Tiefe, nähert sich plötzlich eine Warnwesten-Stimme und ruft in astreinem Berlin-Slang: „Watt sind denn datt hier wieder für zwei Hansels?“ Geistesgegenwärtig schmettere ich in noch größerer Lautstärke und im gleichen Tonfall entgegen: „Wo issn hier der S-Bahnhof?“ Antwort, konkret aber herzlich:„… janz hinten rechts!“ Und die Warnweste verdampft, so schnell wie sie aufgetaucht war.
Der erste Eindruck, recht groß hier, weitläufig. Mit ziemlich niedriger Decke. Die Farben und die Beleuchtung gelblich. Wie früher, vor der „roten Phase“, in Tegel. Das kommt hier nicht nur vom Fußboden: Jura-Marmor, gelb. Charme der 1980-er DDR Interhotel-Fußböden. „Tratego“ sagte man damals zu den Bodenplatten. Schönefeld. Auch dieses Raumgefühl kenne ich. Ja, die Zwischengeschosse zu den Toiletten, in der Messe-Berlin.
Die Gelbwesten würdigen uns keines Blickes mehr, denn der S-Bahnhof ist längst, vor zwei Tagen, eröffnet worden. So gehen wir fotografierend nach „hinten rechts“. Die vielen, klitzekleinen Piktogramme und Schildchen sind in dieser allerersten Betretungs-Hektik keinerlei Hilfe. Vorbei an einem leuchtenden Kamps@-Brötchen-Laden, fast eingeräumt, aber noch ohne Brot.

Drei Hochkant-Fernseher zeigen links die Abflüge vom ehemaligen Flughafen Schönefeld, jetzt Terminal 5. Heute noch 1 Flug, morgen nur 17 Flüge. Zwei gestrichen. Der Rest der Bildschirme ist leer. Corona.
Hinten rechts ein vertrautes, grün-weißes S-Bahn Schild, über einem Treppenabgang, mit einer Rolltreppe darunter. Auch eine mittige Zuganzeige mit S9 nach Spandau. Daneben, auf einem großen, blauen Schild die Zahlen 5-6 mit einem Pfeil nach unten. Das heißt wohl in der Sprache der Bahnhofs-Versteher: Gleis 5 und 6. In wirklich vielen Ecken und an so mancher Säule stehen rote Feuerlöscher. Ist das sonst auch so, auf Flughäfen?
An der Treppe angekommen bemerkt man, die Rolltreppe auf der rechten Seite geht zwar runter, dreht aber in die falsche Richtung, nach oben. Hinunter nur mit Stufen! Gut, dass wir nicht mit drei Koffern aus dem Flieger kamen. Bestimmt gibt es irgendwo einen Fahrstuhl?

Der Airport-Bahnhof des BER

Das ist nun also der Airport-Bahnhof der Deutschen Bahn. Er erinnert sehr stark an den Bahnhof im Potsdamer Platz oder an die untere Gleisebene im Hauptbahnhof in Berlin. Grau, hier insgesamt sechs Gleise an drei Bahnsteigen. Zwei für die S-Bahn, darum also 5 oder 6 auf den Schildern. Der Fußboden wieder das Jura-gelb, aber die günstigere Sorte, Terrazzoplatten. Man sieht die Absätze an der Treppe. Unten an der Treppe stehen, Rücken an Rücken, zwei rote Automaten des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg: VBB. Die hier gekauften S-Bahn-Tickets kann man an zwei, im Weg stehenden, Entwertern stempeln lassen. Die Automaten der S-Bahn Berlin nehmen Kleingeld, Geldscheine und sogar Karten und Handys, auch berührungsfrei.

Der Bahnsteig der S-Bahn ist kürzer als der der beiden Anderen. Das Gleis endet nach zwei Doppelzug-Längen mit einem Prellbock. Der Zugang zur S-Bahn ist also wirklich nur durch das Terminalgebäude: „hinten rechts“ möglich. Wer erwartet hatte, dass die beiden Zugänge auf dem Vorplatz zur S-Bahn führen, hat sich geirrt. Die beiden Abgänge sind nur für die Regionalbahn und die „Fernbahn“. Deshalb rief die Warnweste im Terminal: „… hinten rechts!“ Anders kommste da nicht hin!
Die sechs Gleise sind an diesem Dienstagabend menschenleer. Nur ein gewitzter Fotograf hat es noch geschafft, hierher zu kommen. Doch dann hört man plötzlich ein Sausen, das minutenlang dauert. Die S-Bahn ist aus Waßmannsdorf kommend, noch weit vor dem Flughafengelände, in den Tunnel eingefahren und macht nun Luftschiebe-Geräusche. Mir fehlt, als die DB-Baureihe 481 auf Gleis 6 einfährt, der typische Berliner S-Bahn-Geruch. Aber vielleicht kommt der „Duft“ später einmal, vielleicht bringen ihn sogar die Fahrgäste mit? Denn nachdem die Bahn eingefahren ist, steigen keine Leute aus. Noch nicht. Der Lokal-TV-Sender rbb hatte die Streckenverlängerung der S9 aus Berlin-Spandau kommend gemeldet. Aber warum sollte man zu Corona-Zeiten da mitfahren? Oder warum sollte man einen nicht eröffneten Flughafen-Bahnhof angucken? Alles nur Pufferknutscher.

Beim Rausgehen dreht nun die Rolltreppe nach oben. Vorbei an schon leuchtenden Reklamesäulen, vorbei an einem Mini-Museum: „TAKE <<< OFF“ mit Fotos. Ein nicht vermieteter Laden, fast eingeräumt. Und da, auf der gegenüberliegenden Seite ein REWE. Auch gerade beim Einräumen. In einem Glaspavillon, in einem neuen Brandschutz-Abluftschacht liegt ein menschengroßer Ikarus oder ein Otto Lilienthal am Boden. Ein Seil mit Haken daneben. Vielleicht fliegt er später noch?
In mir keimt Hoffnung: „Die“ machen den Flughafen tatsächlich auf.


Fotos: TrendJam
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